Gelähmtes Medienopfer in Corona-Zeiten

In den letzten Wochen und nun sogar schon Monaten hat die Coronakrise bei mir merkliche Lähmungserscheinungen hervorgebracht, die nicht nur mit den Ausgangsbeschränkungen zu tun haben. Wochenlang konnte ich keinen neuen Blog-Eintrag schreiben, habe meine Arbeitszeit kaum erfasst und war abends endlos erschöpft, obwohl sich die körperlichen Anstrengungen sehr im Rahmen hielten

Mehr als sonst hat mich in Zeiten von Corona die Informationsflut im Internet und im Fernsehen ja sogar im Radio in ihren Bann gezogen oder, wie meine Tochter so schön sagt, bin ich ein Medienopfer geworden. Um ja keine neue Entwicklung zu versäumen, habe ich wie viele in diesen Zeiten zahlreiche und auch neue Infokanäle angezapft. Viel damit verbrachte Zeit war sicher nutzlos, da ich nun den Eindruck habe, trotz vieler Zahlen und Graphiken gewisse Relationen trotzdem nicht mehr im Blick zu haben.

Aber einige interessante Quellen habe ich auch dazugewonnen, beispielsweises eine mittägliche Radio-Talkshow. Dabei sind zu einem Tagesthema (aktuell natürlich fast immer etwas zu Corona) ein oder zwei Experten zugeschaltet und viele Radiohörer können anrufen, um Fragen zu stellen und ihre Weisheiten preiszugeben. Oft sind auch ziemlich verquere Äußerungen dabei, die Moderatoren in normalen Sendungen ziemlich schnell abwürgen würden. Doch hier lässt man die Leute ziemlich lange ausreden. Oftmals unvermutet kommen sehr intelligente Äußerungen zustande. Sogar aus vielen Fremdschäm-Aussagen wird noch ein interessanter Kern herausgezogen. Populistische Ansagen werden nicht sofort abgeschmettert aber intelligent hinterfragt und schnell in den richtigen Kontext gestellt. Miteinander streiten und einen konstruktiven Dialog führen, gelingt hier ziemlich gut. Wenn man diese Praxis in den Alltag übernehmen könnte, wäre ein Auseinanderdriften der Gesellschaft leichter zu vermeiden. Für mich ist es auf alle Fälle eine sehr unterhaltsame Ablenkung beim Kochen im Home Office, bei der ich mich nicht als Medienopfer fühle.